28.09.2020

Quellen sichten und sichern - die Akten der "Vermögensverwertungsstelle" im BLHA

Provenienzforschung/Restitution


Im Brandenburgischen Landeshauptarchiv Potsdam sind die personenbezogenen Akten des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg als Massenquelle überliefert, dazu zählen unter anderem ca. 41.500 Akten der »Vermögensverwertungsstelle«. Hier wurden von 2016 bis 2017 vertiefende Einzelfallstudien durchgeführt.

Der Bestand überliefert den Vermögensraub von Emigranten in ca. 14 000 Fällen und die Verwertung der letzten Habseligkeiten von Deportierten in ca. 28 000 Fällen. Während die Akten von Emigranten zum Teil umfangreichen Kunstbesitz dokumentieren, enthalten die Vermögenserklärungen der kurz vor ihrer Deportation Stehenden bestenfalls noch wenige Bücher. Wie sich zeigte, führten die Recherchen in den Akten zur Lokalisierung von NS-Raubkunst in öffentlichen Einrichtungen und zur Identifizierung der Vorbesitzer. Darüber hinaus konnten Provenienz-Lücken von Museen geschlossen und geraubtes Kulturgut restituiert werden. Im Ergebnis der Studien beantragte Dr. Irena Strelow Ende 2017 bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Rückgabe von sechs Reliefs von Johann Gottfried Schadow aus dem früheren Besitz des Großvaters des Stiftungsvorstandes an die Erben.

Es war geplant, dass die Moses Mendelssohn Stiftung als Projektträger unter der Leitung von Prof. Dr. Julius H. Schoeps und Dr. Irena Strelow in enger Zusammenarbeit mit dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv Potsdam als Kooperationspartner den Bestand der Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg digital erfassen lässt und mit Hilfe eines Dokumenten-Management-Systems themenorientiert elektronisch auswertet. Das mehrjährige Projekt sollte die systematische Verwertung von Kunst- und Kulturgütern durch die Finanzbehörde untersuchen, um Hinweise zu heutigen Standorten zu erlangen. Eine parallele Prozess-Steuerung von Daten-Erfassung, Kategorisierung, Controlling und Auswertung sollte sicherstellen, dass möglichst mit Projektbeginn auch Ergebnisse geliefert werden. Während der gesamten Projekt-Laufzeit sollten an die Rechtsnachfolger von Geschädigten und an öffentliche Einrichtungen, die nach Aktenlage während des Nationalsozialismus Kunstobjekte aus jüdischem Besitz erworben haben, Informationen weitergegeben werden.

Bis Ende 2018 konnten insgesamt 3,4 Mio Euro Fördermittel für das Projekt eingeworben werden. Um die hochgesteckten Ziele optimal sicherzustellen, wurde das Projekt Anfang 2019 der Projektträgerschaft des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam überlassen, wo seit Spätherbst 2019 die Vorbereitungsarbeiten im vollen Gange sind. Die Provenienzforschung hat dort am 01. August 2020 ihre Tätigkeit aufgenommen.